Aus unserer Sicht ist das aktuelle Cannabisgesetz ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, auch wenn es deutliche Lücken aufweist. Die Teillegalisierung von Cannabis bietet einen potenziellen Nutzen, welcher in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft spürbar werden kann. Einige der wichtigsten Argumente sind:

Entkriminalisierung und Entstigmatisierung von Konsumenten

Durch die Entkriminalisierung von Cannabis wird es leichter, offen über das Thema zu sprechen. Ein offener Diskurs über Risiken und Nutzen des Cannabiskonsums führt zu besserer Aufklärung und Prävention, da Menschen so informierte Entscheidungen treffen können. Wenn der Konsum nicht als kriminell und moralisch verwerflich angesehen wird, sind Konsument*innen außerdem eher bereit, sich bei Problemen Hilfe zu suchen.

Reduzierung der Belastung des Justizsystems

Durch die Teillegalisierung von Cannabis entfallen zahlreiche strafrechtliche Verfahren wegen geringfügigem Besitzes und Konsums. Dies entlastet die Gerichte und die Strafverfolgungsbehörden könnten ihre Ressourcen auf schwerwiegendere Straftaten konzentrieren.

Reduzierung des Schwarzmarktes und der Kriminalität

Legale Wege die Substanz zu erwerben, können zu einer Schwächung des illegalen Marktes führen. Dies würde nicht nur die Einnahmequellen krimineller Organisationen beschneiden, sondern auch die damit verbundene Gewalt und Kriminalität reduzieren. Regulierte Märkte ermöglichen eine bessere Kontrolle der Qualität und Reinheit des Produkts, was die Risiken für die Konsument*innen verringert.

Kontrolle und Regulierung

Ein legaler Markt ermöglicht es, den Verkauf von Cannabis zu regulieren und Altersbeschränkungen durchzusetzen, um den Zugang für Minderjährige zu erschweren. Durch eine regulierte Abgabe kann auch die Prävention und Aufklärung über die Risiken des Konsums verbessert werden. Ohne eine Legalisierung hängt es zu 100% vom ethischen und moralischen Kompass der Dealer ab, ob Cannabis an Jugendliche weitergegeben wird, wie rein dieses ist und wie der Verkauf stattfindet.

Medizinische Vorteile

Cannabis hat nachweislich medizinische Anwendungen, insbesondere bei der Schmerzlinderung und der Behandlung von chronischen Krankheiten wie Epilepsie, Multiple Sklerose und Krebs. Die Teillegalisierung erleichtert den Zugang zu medizinischem Cannabis und kann die Forschung zum therapeutischen Einsatz voranbringen.

Wissenschaftliche Forschung

Im Gegensatz zu Alkohol und Nikotin ist  die Studienlage zu Cannabis mager. Die Regulierung baut die Barrieren für wissenschaftliche Forschung ab, was zu einem besseren Verständnis der gesundheitlichen Auswirkungen von Cannabis führen kann. Dies würde es ermöglichen, evidenzbasierte Richtlinien und Vorschriften zu entwickeln.

Obwohl die Teillegalisierung von Cannabis viel potenziellen Nutzen hat, gibt es auch zahlreiche Risiken, die sorgfältig berücksichtigt werden müssen. Ein zentrales Argument lautet, dass Cannabiskonsum, insbesondere bei regelmäßigem Gebrauch, zu verschiedenen gesundheitlichen Problemen führen kann. Dazu gehören:

Psychische Gesundheitsprobleme

Der Konsum von Cannabis kann das Risiko von Psychosen, Angstzuständen und Depressionen erhöhen, insbesondere bei Personen mit einer genetischen Veranlagung.

Kognitive Beeinträchtigungen

Langfristiger Cannabiskonsum kann zu Gedächtnisverlust, verminderter Konzentrationsfähigkeit und anderen kognitiven Beeinträchtigungen führen.

Atemwegserkrankungen

Da Cannabis in der Regel mit Tabak gemischt geraucht wird, hat es ähnliche schädliche Auswirkungen auf die Atemwege wie das Rauchen von Zigaretten o.ä.

Des Weiteren beeinträchtigt der Konsum von Cannabis die Reaktionszeit und das Urteilsvermögen, was das Risiko von Verkehrsunfällen erhöht. Es ist eine Herausforderung, zuverlässige Tests für den Cannabiskonsum am Steuer zu entwickeln, was die Durchsetzung der Verkehrssicherheit erschwert.

In der Cannabisdiskussion wird außerdem die Befürchtung geäußert, dass die Teillegalisierung die Verfügbarkeit und damit den Konsum bei Jugendlichen erhöhen könnte. Jedoch wird außer Acht gelassen, dass Cannabis in Deutschland nach Alkohol und Nikotin bereits die am häufigsten konsumierte Substanz ist. Laut aktuellen Zahlen gebrauchen hier bereits 4,5 Millionen Menschen Cannabis. Die meisten jungen Leute zwischen 15 und 18 Jahren suchen unsere Beratungsstelle aufgrund ihres Cannabiskonsums auf. Auch im Rahmen unserer Präventionsveranstaltungen äußern Jugendliche, dass es nicht schwer sei, an Cannabis zu gelangen, wenn man es möchte.

Das Verbot hat in der Vergangenheit also den Konsum nicht verhindert. Nichtsdestotrotz wird zurecht die Frage gestellt, welche Botschaft wir an die Gesellschaft, insbesondere an die Jugend senden wollen. Die Teillegalisierung soll nicht den falschen Eindruck erwecken, dass Cannabis harmlos sei; insbesondere für junge Menschen ist der Cannabiskonsum problematisch, da das Gehirn von Jugendlichen noch in der Entwicklung und deshalb besonders anfällig für die negativen Auswirkungen dieser Substanz ist. Deshalb ist es wichtig, dass Jugendliche bis zur Volljährigkeit kein Cannabis rauchen und der THC-Gehalt bis 25 Jahre niedrig gehalten werden muss.

Aus unserer Sicht ist die Präventionsarbeit in der jetzigen Situation der Verunsicherung besonders wichtig, denn Aufklärung heißt auch, dass darüber gesprochen werden muss, für wen welcher Konsum, wann und in welcher Menge ok ist. Unabhängig von den oben aufgeführten Nutzen und Risiken, sind die Konsummotive und -muster, so wie die Menschen selbst, sehr individuell. Deshalb steht bei allen unseren Beratungs- und Behandlungsangeboten stets die Person und ihre eigene Zielsetzung im Vordergrund. Eine derart offene Diskussion über das Thema Cannabis würden wir uns auch in der Gesellschaft wünschen. Dies würde mit einschließen, dass man über mögliche Konsumregeln, wie sie in der Broschüre der BzGA (https://shop.bzga.de/care-instructions-fuer-einen-bewussten-umgang-mit-cannabis/) formuliert sind, spricht.

Die Risiken zu kennen und bewusst mit Cannabis umzugehen, können dabei helfen unerwünschte Folgen des Konsums zu reduzieren. Hierfür bieten die Regeln aus unserer Sicht eine gute Orientierung.

Mehr Infos über Cannabis und Präventionsangebote gibt es auf folgenden Seiten:

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/cannabis/faq-cannabisgesetz.html

Auf der FAQ Seite des Bundesgesundheitsministeriums findet ihr schnell und übersichtlich Antworten rund um das Cannabisgesetz.

https://shop.bzga.de/pdf/34003002.pdf

Eine Broschüre mit kurzen & prägnanten Informationen über Cannabis.

https://www.infos-cannabis.de/

Die Informationskampagne “Cannabis: Legal,aber…” des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) möchte besonders junge Menschen dazu motivieren, sich über die psychischen, sozialen und körperlichen Risiken des Cannabiskonsums zu informieren.

https://www.drugcom.de/drogen/alles-ueber-cannabis/drugcom

Drugcome hält ausführliche Informationen zu Cannabis bereit, inklusive Aufklärungsvideos und Selbsttest für Konsument*innen.

 

Aktuelle Präventionsangebote, Materialien und Methoden:

https://www.cannabispraevention.de/

Ein umfangreiches Aufklärungsangebot über Cannabis für Jugendliche, Eltern und Fächkräfte bietet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

http://www.feelok.de/

https://www.feelok.de/de_DE/jugendliche/themen/cannabis/cannabis.cfm

Auf der digitalen Plattform feel ok des bwlv sind viele Angebote, Materialien und Methoden zur Cannabisprävention für Lehrkräfte sowie Multiplikator*innen zu finden.

https://www.meine-zeit-ohne.de/

Als Projekt oder in vielen anderen Einsatzformen, bietet die appbasierte Challenge Schüler*innen ab Klassenstufe 9 an Berufsschulen und allgemeinbildende Schulen eine Möglichkeit zur Gewohnheitsänderung.

https://lss-bw.de/projekte/#aktiveprojekte

Der Digitale Lerncampus der LSS wird in Kürze ebenfalls ein Modul zur Cannabisprävention für Fachkräfte freischalten.

 

Wer an seinem Konsum etwas verändern oder aufhören möchte, kann folgendes digitales Angebot nutzen:

https://www.quit-the-shit.net/qts/

Beim Programm Quit the Shit werden die Konsument*innen von einem professionellen Beratungsteam beim Erreichen ihres individuellen Konsumziels unterstützt.